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Dienstag, 29. November 2011

Heldin mit Pfeife

Heldin mit Pfeife

Gerade ziehe ich die Laufschuhe an, als meine beste Freundin Sturm läutet.
„Lass mich rein“, ruft sie panisch.
„Was ist los?“
Gehetzt schaut Irma nochmal in den Flur und verriegelt dann hektisch die Wohnungstür.
„Mein Chef“, japst sie, „dieser Mistkerl. Ich hab’ ihn erwischt. Er steckt sich das Geld für die Forschungsaufträge in die eigene Tasche. Wenn er rauskriegt, dass ich das weiß, bin ich tot.“
Die Laufschuhe wandern in die Ecke.

„Meld das doch. Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat.“
Irma schüttelt den Kopf. „Bin ich etwa eine Nestbeschmutzerin? Nachher werde ich noch verurteilt wie Wyler und Zopfi.“
Ach ja, die beiden Aufrechten vom Sozialamt. Erst Missstände gemeldet, dann verurteilt vom Zürcher Obergericht wegen Amtsgeheimnisverletzung.
„Nein, Mette. Ich bin mir näher als mein Hemd. Wen interessiert schon, dass der Typ klaut?“
Mir fällt die Kinnlade runter, und zwar bis aufs Knie. So was aus dem Mund meiner Irma? Sie, der kategorische Imperativ gegen alles Üble der Welt, besonders laut bei Demos. Aber als Einzelkämpferin feige?
„Prix Courage, Irma, wäre der nichts für dich? Caroline Kramer hatte auch Angst, als das Bundesamt für Gesundheit unsere Steuergelder gegen die Volksinitiative ,Ja zur Komplementärmedizin‘ einsetzte. Trotzdem pfiff sie Alarm. Jetzt hat sie den Oscar für Zivilcourage.“
Irma wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Ich hab’ doch keine Angst“, murmelt sie.
„Brauchst du auch nicht. Denk an den Klärschlammskandal.“
Sie winkt ab. „Ach das. Der Chef der Zürcher Stadtentwässerung sitzt. Das ging gut aus. Für die Denunzianten. Ausnahmsweise. Aber was ist, wenn mein Lehrstuhl wackelt? Der gehört mir. Für den habe ich mich jahrelang abgerackert. Und nur, weil so ein geldgeiler Gauner ...“

Irmas Stuhl könnte tatsächlich kippen. Allzu viele Whistleblower wurden vor Gericht abgestraft. Ihnen half kein Gesetz. Und die meisten hatten sich selbst verraten. Zu laut gequatscht. Eine E-Mail zuviel auf dem Server. Eine Kopie zufällig liegengelassen. Meine Irma ist sicher vorsichtig. Und nicht nur an der Tür.
„Hast du Rechtsschutz? Die Anwältin könnte die Presse füttern.“ Zufrieden reibe ich meine Hände. „Oder wie hieß sie noch gleich, diese Journalistin? Wir bauen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht.“
Irma lächelt. Endlich. Sie startet den PC. „Es muss doch eine interne Anlaufstelle auf der Uni-Website geben. Oder ein externes Aufsichtsorgan. Vielleicht noch mit Onlineplattform. Anonymisiert.“
Sie holt tief Luft.
„Ich habe doch Angst. Was ich am allernötigsten brauche, ist Coaching. Frau wird nicht als Held geboren, sondern zur Heldin gemacht.“
Irma wechselt die Suchmaschine. „Gibt es da denn wirklich nichts?“
Sie starrt auf den Monitor.
Ich lache. „Das ist das kleinste Problem, meine Liebe. Doktor Evil. Gib den mal ein. Und dann auf zum Hauptseminar für Heldinnen.“
Irma klickt. „Zimbardo!“, ruft sie und es klingt wie Heureka. „Das Zauberwort gegen Feigheit. So kann ich den Korruptionskönig vom Thron stoßen, ohne selbst zu stürzen.“
Da bin ich dabei. Erst die Assistentin macht die echte Superheldin. Dürfen wir uns vorstellen? Blower. Whistle Blower. Zu Ihren Diensten.

Mittwoch, 31. August 2011

Die weiche Welle

Die weiche Welle
„So gemein!“ Zack, landen die Freudenspender nacheinander im Abfall.
„Mette, hast du die Freundin gewechselt?“, fragt Irma.
„Ach was, uns gibt es weiterhin. Aber das hier, das ist vorbei. Endgültig.“
Irma grinst. „Wenn ich nicht irre, ist das deine Privatschatulle, oder?“
„War sie. Aber die haben es mir verdorben. Gründlichst.“ Erbost drücke ich ihr den Bericht in die Hand. „Lies einfach.“

Irmas Gesicht wird ernst. Zu Recht! Dildos, Vibratoren und was weiß ich, alles enthält krebserregendes Gift. So eine Sauerei! Das kann doch nicht sein, dass ich wegen Krebsgefahr das Rauchen aufgebe und ihn mir dann via Ente oder Delphin ins Haus hole.
„Und, liebe Irma, was sagst du jetzt?“ Paff! Das war die Beckenbodentrainerin.
„Duhu, Mette?“ Irma schaut amüsiert. „Hier steht, die Behörde für Nahrungsmittel- und Warenprüfung in Amsterdam sagt, dass erst ab zehn Stunden pro Woche die Vibratoren eine Gefahr sind.“
„Soll ich mir etwa noch aufschreiben, wie lange der Auflegevibrator zwischen meinen Schenkeln brummt? Irgendwann sind die Akkus eben leer.“ Ich funkle meine Busenfreundin an. „Außerdem, du hast mir das Teil doch empfohlen!“
Irma sieht sehr verdutzt drein.
„Mensch, du weißt doch, damals, als ich mir den Nacken verrenkt hatte. Glaub mir, als Massagegerät für kleine Muskel-Unpässlichkeiten ist er wirklich unersetzlich.“
Was denken sich die Hersteller nur dabei? Kinderspielzeug mit Weichmachern wird erst gar nicht auf den Markt gebracht. Aber womit Erwachsene spielen, das darf aus Phtalaten und weiß die Göttin was gebastelt sein, ohne dass sich irgendwer erregt. Straft uns der Neid der Zu-kurz-Gekommenen für die schönste Nebensache der Welt? Wer ist eigentlich uns? Ein Viertel der Bevölkerung. Mindestens!

Irma reibt sich die Nase. Juckt es? Oder ist sie wieder einmal Vicke Viking? Tatsächlich! Sie lächelt, zwinkert und schnipst mit den Fingern. „Ich habe eine Idee!“ Fehlt nur noch der Sternenregen. Ja, sind wir denn im Comicland?
„Alles halb so schlimm“, sagt sie, „schlimm genug, aber halb so schlimm. Wir halten es einfach wie die Dänen. Kondom drüber und ran an den Speck!“
Müde winke ich ab. „Hast du schon mal Kondome ohne Reservoir und Spermizid gefunden?“
Wieder reibt sich Irma die Nase „Wir könnten die Mütter fragen, womit die gespielt haben. Bananen und Karotten kannten sie doch auch. Was mag ihr Sexbüffet sonst noch an frechen Früchtchen offeriert haben?“
„Bist du verrückt?“ Entgeistert starre ich sie an. „Willst du wirklich wissen, wie deine Mutter Sex hatte? Oder hat?“
Stille. Zum ersten Mal ist Stille zwischen uns. Doch schon hat Irma einen weiteren Einfall und zieht mich zur Tür. „Erotikmesse! Riesenauswahl! Da finden wir mit Sicherheit feministisch einwandfreies, ergonomisch sinnvolles Sexspielzeug. Und zwar mit einem Gütesiegel von der Krankenkasse. Und Umweltzertifikat.“
Ich schaue trauernd auf den Abfallsack. „So viel Freude auf einen Haufen! Und alles vergiftet! Göttin sei Dank wird der Elektroschrott erst übermorgen abgeholt. Ich muss mich noch gebührend verabschieden, Irma. Geh du schon mal vor, ich komme dann …“

Mehr von Irma und Mette? Klick auf www.sandrawoehe.ch

Samstag, 23. Juli 2011

Que(e)rbeet durch das Liebesleben

Que(e)rbeet durch das Liebesleben
Zum zweiten Mal hatte mich die CSD-Kulturwoche nach Konstanz eingeladen. Der gemütlichen Sofalandschaft im „Einblick“ konnte niemand widerstehen, selbst ich nicht, die beim Lesen sonst immer steht. Und auch meine Heldinnen fühlten sich so wohl, dass „Die indonesischen Schwestern“, Brigitte und Inge aus „Giraffe im Nadelöhr“ und selbst Corinna und Susanne („Das kann doch nicht so schwer sein“) gar nicht mehr nach Hause wollten. Vielen Dank dem Orga-Team CSD- Kulturwoche am See, Konstanz-Kreuzlingen!
Sehen, hören und erleben Sie mehr auf www.sandrawoehe.ch

Mittwoch, 13. Juli 2011

Lasst Blumen lachen

Lasst Blumen lachen

Mette hat einen Fehler begangen. „Einen unverzeihlichen“, sagt sie. Ihre Busenfreundin hält tröstend dagegen. „Das ist doch menschlich und passiert jeder mal.“ Aber Irma hat ja auch keine Ahnung, was das Schaf Mette angestellt hat.
Das „Duo Kolumna“, Sandra Wöhes unschlagbares Team, lässt Blumen lachen. Jetzt online auf www.sandrawoehe.ch.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Wie wird wohl das Neugeborene heißen? Teil 3 "Die indonesischen Schwestern"

Wer nicht lesen will, kann hören: „Die indonesischen Schwestern“
Nach dem wir in der ersten Hörprobe die von Brücks ja schon ein wenig kennen gelernt haben:
Phyllis, die Mutter, die zur Großmutter wird. Yasmin, ihre zweite Tochter, hat sie dazu gemacht. Dabei ist das Mädchen gerade einmal sechzehn Jahre alt. Gritta, die jüngste, steckt mit vierzehn mitten in der Pubertät. Sie wünscht sich zurück zu ihren indonesischen Wurzeln, hat aber die Hoffnung auf eine Heimkehr bereits aufgegeben.

In der zweiten Hörprobe gelesen von der Schriftstellerin Sandra Wöhe ist Gritta dabei, als ihre Mutter die Nachgeburt im Garten vergräbt. Gut, die Ameisen sind die Verbindung zwischen Erde und Himmel, aber wie soll sie

das der Hebamme verständlich machen, wenn sie selbst nicht mehr so richtig daran glaubt?
Im dritten Teil 3 aus auf Seite 23 weht der Abendwind ein großes Blatt herbei. »Du bist zwar kein Bananenblatt«, murmelte Phyllis, »nicht so groß und glänzend. Aber du bist grün und hast einen Stängel. Darum bist und bleibst du ein Blatt. Und genau dich brauche ich jetzt.« Hören Sie weiter auf www.sandrawoehe.ch

Montag, 27. Juni 2011

Solothurner Literaturtage 2011: Frauen netzen anders!


Solothurner Literaturtage 2011: Frauen netzen anders!
femscript.ch: Das Netzwerk schreibender Frauen stellte die Neuerscheinungen ihrer Autorinnen an den Solothurner Literaturtagen 2011 vor.
«Die indonesischen Schwestern» mittendrin. Eifrig verteilten sie Werbekarten für die großen und Ballons für die kleinen Menschen. Klüngeln mit Autorinnenkolleginnen, aber auch die Fragen der Leserätinnen beantworteten sie. Und sie holten sich einen Sonnenbrand. So was passiert einer Autorin, wenn sie nicht schreibt. Erlebe mehr auf www.sandrawoehe.ch

Samstag, 11. Juni 2011

Tübinger Bücherfest für Bücherfreunde und Leserätinnen

«Die indonesischen Schwestern» goes Tübinger Bücherfest


Eine indonesische Familie in einem deutschen Dorf. Phyllis hat einen deutschen Ingenieur geheiratet. Das Paar lebt in Indonesien, sie bekommen drei Töchter. Dann stirbt der Mann. Phyllis entschließt sich, in das Haus der Familie des Vaters in ein kleines Dorf in Nordrhein-Westfalen zu ziehen, sie hofft, dass ihre Töchter dort bessere Chancen haben. Im Dorf sind sie die einzigen »Schlitzaugen«. Mehr über den Roman «Die indonesischen Schwestern» finden Sie auf www.sandrawoehe.ch.

Freitag, 13. Mai 2011

Nichts geht mehr

Nichts geht mehr
Wohin habe ich nur mein Gedächtnis verlegt? Braintraining, Ginseng-Doping oder Sport: Irma und Mette kämpfen mit allen Mitteln gegen das Altern. Sandra Wöhes „Duo Kolumna“ bringt Nachrichten aus dem lesbischen Alltag – online auf www.sandrawoehe.ch.

Sonntag, 17. April 2011

Sandra Wöhe liest Teil 2 aus "Die indonesischen Schwestern"


East meets west: "Die indonesischen Schwestern"
Nach dem wir in der ersten Hörprobe die von Brücks ja schon ein wenig kennen gelernt haben:
Phyllis, die Mutter, die zur Großmutter wird. Yasmin, ihre zweite Tochter, hat sie dazu gemacht. Dabei ist das Mädchen gerade einmal sechzehn Jahre alt. Gritta, die jüngste, steckt mit vierzehn mitten in der Pubertät. Sie wünscht sich zurück zu ihren indonesischen Wurzeln, hat aber die Hoffnung auf eine Heimkehr bereits aufgegeben.
In der zweiten Hörprobe, gelesen von der Schriftstellerin Sandra Wöhe, ist Gritta dabei, als ihre Mutter die Nachgeburt im Garten vergräbt. Gut, die Ameisen sind die Verbindung zwischen Erde und Himmel, aber wie soll sie das der Hebamme verständlich machen, wenn sie selbst nicht mehr so richtig daran glaubt?

Hören und Lesen "Die indonesischen Schwestern" auf www.sandrawoehe.ch

Freitag, 11. Februar 2011

Hosen runter

10 Jahre „lesbisches Auge". Kein Wunder, dass es die Herausgeberinnen diesmal ganz genau wissen wollten. Sandra Wöhe gab freimütig Auskunft. Von Flops & Tops über Vorurteile bis Nachsicht mit Heten – lesen Sie ihre Antworten im „Lesbischen Auge 10"